Mein Schreibtisch ist ein Spielplatz. Im Blog erzähle ich von den Dingen, die sich um meinen Computer angesammelt haben. Und von vielem anderen aus meinem Schreibleben.
22. Februar 2025
Acht Jahre habe ich unter falschem Namen gelebt. Na gut, ich brauchte nicht zu schwindeln, wenn ich mich jemandem vorgestellt habe. Ich brauchte keine Unterschrift zu fälschen, erfundene Lebensläufe auswendig zu lernen oder mich mit künstlichen Bärten zu tarnen, wenn ich das Haus verlassen wollte. Wirklich gelebt habe ich unter falschem Namen also nicht. Aber zumindest geschrieben.
Bei meinen ersten Romanen war es meine freie Entscheidung. Ich fand es spannend, ein Pseudonym zu haben. Es fühlte sich so schriftstellerisch an. Es hatte auch etwas Verwegenes, mich hinter einem Decknamen zu verbergen. Abgesehen davon fand ich meinen richtigen Namen ziemlich sperrig. Wie er betont werden muss, sorgt sogar in meiner Familie für Uneinigkeit und Krach an der Kaffeetafel. Das kann sich niemand merken, dachte ich. Außerdem bietet er sich für allerlei Wortspiele und Versprecher an. Ich wollte vermeiden, dass im ‚Literarischen Quartett‘ irgendwann das neue Werk von Benjamin Viagra besprochen wird. Nein danke!
Dem ersten Pseudonym folgte ein zweites, weil ich von Mord und Totschlag eine Pause brauchte und mal ins Genre Liebeskomödie wechseln wollte. Ich hatte gelesen, dass sowas dann sinnvoll ist, um bei den Leser*innen nicht für Verwirrung zu sorgen. Man stelle sich vor, man greift sich den neuen Stephen King aus dem Regal und findet sich statt in einem Horror-Schocker in einer Herz-Schmerz-Romanze wieder. Oder durch Rosamunde Pilgers idyllische Landschaften streift plötzlich ein psychopathischer Serienkiller und murkst die Muschelsucher ab.
Bei der Cosy-Crime-Reihe, die anschließend kam, entschied der Verlag, dass da ein anderer Name drauf musste. Also wurde ich kurzerhand umgetauft und in eine englische Dame umgewandelt, für’s Agatha-Christie-Flair. Dazu gab es auch gleich eine Kurzbiografie mit Beruf, Hobbys, Haustier und allem drum und dran. Marketingtechnisch sicher kein schlechter Schachzug. Allerdings bedeutete das auch, dass ich mit diesen Krimis keine Lesungen veranstalten konnte, jedenfalls nicht, ohne für Verwirrung zu sorgen, weil da auf einmal ein deutscher Mann statt einer englischen Lady auf der Bühne saß. Mir eine Perücke aufzusetzen, ein Kleid anzuziehen und mir einen britischen Akzent zuzulegen, hätte auch nur nach hinten losgehen können. Also blieb ich inkognito.
Kurz darauf folgte ein neues Projekt bei einem anderen Verlag. Eine Thrillerreihe. Und weil daran verschiedene Autor*innen schrieben, musste wieder ein neuer Name her. Und da heißt es, sei immer du selbst! Langsam kam ich mir vor wie im Zeugenschutzprogramm oder wie ein Geheimagent mit wechselnden Identitäten. Bei so vielen multiplen Persönlichkeiten fiel es schwer, die Übersicht zu behalten. Daneben wuchs der Wunsch, endlich doch mal meinen richtigen Namen auf einem meiner Bücher stehen zu haben. Egal, ob er leicht auszusprechen oder gut zu merken war. Und das sollte nicht irgendein Buch sein.
Mein Name sollte auf ein Herzensprojekt.
Dieses Herzensprojekt ist ‚Der Bräutigam‘. Ich hatte immer Spaß beim Schreiben und in jeden meiner Romane ist jede Menge Leidenschaft geflossen. Aber in dieser Geschichte steckt eine Extraladung Blut, Schweiß und Tränen. Ich hoffe, man merkt es. Ich liebe das Cover, das der SAGA Egmont-Verlag gestaltet hat. Und es verschafft mir ein Hochgefühl, meinen Namen darauf zu sehen. Das ist fast noch schöner als vor acht Jahren meinen ersten Roman in Händen zu halten.
Okay, mein Name ist und bleibt sperrig. Aber wenn jemand in der Buchhandlung den ‚Bräutigam‘ von Benjamin Viagra bestellt, soll es mir recht sein. Ansonsten hilft vielleicht die Eselsbrücke, die wir in meiner Familie verwenden: Wiater, wie ‚Winter‘, nur mit A statt N.
Wenigstens bei der Schreibweise sind wir uns einig.
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